Die Schafherde
Auf der Rückfahrt mit dem Rad kam ich eine große Wiese entlang, auf der eine Schafherde weidete. Mir fiel auf, daß es keine Einzäunungen gab. Als ich weiterfuhr, sah ich am Weg eine Frau mit zwei Hunden stehen. Mir fiel sofort auf, wie wach und aufmerksam die Augen der Hunde blickten. Es waren zwei sehr schöne Hunde; wahrscheinlich keine Schäferhunde, sondern etwas kleiner und mit einem sehr weichen Fell, das hellbraun bis kastanienbraun gescheckt war. Der eine Hund saß; der andere stand.
Ich sprach die Frau an und bemerkte, es sei wohl sehr auffällig, wie genau die Hunde die Schafe im Auge behielten. Erst dann merkte ich, daß es sich um die Schäferin handelte. Sie hatte den berufstypischen langen, geschweiften Stab in der Hand und trug robuste Wanderschuhe. Weiter fiel mir auf, welch glänzenden, hellen und frischen Ausdruck ihre Augen hatten; ganz anders als bei den üblichen Spaziergängern. Die Frau wirkte auf eine Art glücklich und in sich ruhend, daß ich mich sofort angenehm berührt und gekräftigt fühlte. Sie wirkte nicht wie jemand, der bei der Arbeit ist, aber sie war bei der Arbeit, nämlich auf die richtige Weise: einfach nur anwesend, zuständig und bei der Sache, ohne Streß, Druck oder Sorge. Sie sagte, die Hunde würden die ganze Arbeit machen, und deshalb sei auch keine Umzäunung nötig. Die Hunde wußten das, aber sie waren genauso wenig nervös oder angespannt, lächelten genauso wissend und klar wie ihre Herrin.
Es ist schön, so etwas mitten in der Stadt anzutreffen. Dann auch noch bei diesem unübertrefflichen Prachtwetter, unter goldenem Spätnachmittagslicht, auf dieser nahrhaften und üppigen Wiese, unter tiefblauem Himmel, in einer Szenerie, der nichts zur Vollkommenheit fehlte.